Der Fall ist nicht selten: umfangreiche Bauarbeiten in der Innenstadt führen dazu, dass bei Geschäften, die ihren Sitz direkt an betroffenen Strassen haben, die Kunden wegbleiben, weil der Zugang nur noch erschwert oder zeitweise gar nicht möglich ist, sodass der Geschäftsinhaber erhebliche Umsatzeinbrüche hinnehmen muss. Der VGH Baden Württemberg hatte einen derartigen Fall zu entscheiden und hat einige Grundsätze aufgestellt, die für einen Entschädigungsanspruch gegeben sein müssen (VGH BaWü Urteil vom 17.12.2004 Az. 5 S 1914/03).
Geregelt ist die Entschädigungspflicht für Thüringen im Thür. Straßengesetz § 22 Abs. 5. Hiernach kann der Inhaber eines Betriebes eine Entschädigung in Höhe des Betrages fordern, der für den Fortbestand des Betriebes trotz eigener Anstrengungen erforderlich ist, um den Fortbestand des Betriebes zu sichern. Voraussetzung ist, dass für längere Zeit Zufahrten oder Zuwege durch Straßenarbeiten unterbrochen sind oder deren Benutzung wesentlich erschwert ist und dadurch die wirtschaftliche Existenz des anliegenden Betriebes gefährdet ist.
Im Falle des VGH BaWü hatte das Verwaltungsgericht in der ersten Instanz den Anspruch des Unternehmers scheitern lassen wollen, weil dieser zwar Gewinneinbußen erlitten hatte, jedoch die Kosten gedeckt waren; dem Unternehmer blieben für sich selbst noch ca. 350,- Euro monatlich. Dem hat der VGH eine Absage erteilt. Für den Fortbestand eines Unternehmens ist demnach auch erforderlich, dass ein angemessener Unternehmerlohn erwirtschaftet werden kann. Der VGH ließ die Klage aber aus anderen Gründen scheitern. So hat der Unternehmer den vollen Beweis zu erbringen, dass die Umsatzeinbußen ausschließlich auf Arbeiten unmittelbar im Bereich seines Geschäftes zurückzuführen sind. Nicht ausreichend ist es hiernach, dass etwa Arbeiten an benachbarten Straßen zu einer erschwerten Erreichbarkeit des Geschäfts führen. Derartige Beeinträchtigungen sind nicht ersatzfähig. Auch der Wegfall von Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Betriebsnähe führt nicht zu einem derartigen Anspruch. Schließlich besteht auch kein Recht auf einen bestimmten Zugang. Ausreichend ist es, dass die Erreichbarkeit des Geschäftes überhaupt gewährleistet ist. Selbst kurzzeitige vollständige Sperrungen hat der Geschäftsinhaber hinzunehmen.
Das OLG Naumburg hat in einem Urteil vom 17.04.2014 (Az 6 U 33/13) dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch eines Tankstellenbetreibers eine Absage erteilt, der sechs Monate vom Durchgangsverkehr abgeschnitten, jedoch über eine Umleitung erreichbar war. Zwar hätten die laufenden Einnahmen nicht zur Deckung der Kosten gereicht, die betroffene GmbH habe jedoch genügend Eigenkapital gehabt, sodass eine Existenzgefährdung zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen sei.
Leider zeigt sich immer wieder, dass die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen zwar grundsätzlich möglich, aber an sehr hohe Voraussetzungen geknüpft ist. In jedem Einzelfall sind daher sorgfältig die Tatsachen, also die konkreten Beeinträchtigungen und die Folgen hieraus und damit die Erfolgsaussichten zu prüfen.
Klaus-Peter Liefländer
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Anwaltskanzlei Dr. Dörfler & Liefländer